Anfang Juni 2025 verbrachte der bildende Künstler Wose Here drei Wochen in Metz, um auf Einladung der künstlerischen Leiterin des Festivals Constellations, Myriama Idir, sein monumentales Wandgemälde La Mécanique Céleste zu schaffen. Die Stadt Metz nutzte ihre Präsenz, um ein Bildungs- und Kunstprojekt rund um Street Art und den Begriff der Anamorphose für Kinder und Jugendliche aus Lothringen und dem Saarland zu entwickeln.

Die bikulturelle deutsch-französische Grundschule Gaston Hoffmann profitierte von dem Kunstbildungsprojekt der Stadt Metz, das von Myriama Idir, Kuratorin für urbane Kunst des Festivals Constellations, und dem Künstler Wose Here, Schöpfer des Wandgemäldes La Mécanique Céleste in der Rue de l’Abreuvoir in Metz gegenüber dem Eingang der Schule, ins Leben gerufen wurde. Das Projekt verlief in drei Phasen: Zunächst stellte der Künstler sein Werk allen Klassen der Grundschule vor, dann stellte die Kunstkuratorin Myriama Idir ihre Rolle den Klassen CM1 und CM2 (9 bis 11 Jahre) vor, und schließlich schuf der Künstler mit denselben Klassen zwei Anamorphosen. So traf er die 245 Kinder der Schule sowie 80 Schüler aus Peltre und Saarbrücken, die an einer von der Stadt Metz organisierten Führung auf Französisch und Deutsch durch die urbanen Kunstwerke von Constellations teilnahmen.

Kunstvermittlung des Künstlers WOSE HERE für Schulklassen

In der ersten Junihälfte 2025 schuf der Künstler WOSE HERE sein monumentales Wandgemälde La Mécanique Céleste (Die himmlische Mechanik) an zwei Wänden der Rue de l’Abreuvoir in Metz, gegenüber dem Hof der deutsch-französischen Schule Gaston Hoffmann.

Die Kinder konnten nicht nur jeden Tag die Fortschritte des Künstlers und seiner beiden Assistenten mitverfolgen, sondern ihn auch während einer speziell für die acht Schulklassen organisierten Veranstaltung treffen und ihm Fragen stellen: „Wie wird man Künstler?” „Darf man alle Wände bemalen?” „Wie schafft man es, mehrere Meter über dem Boden das Gleichgewicht zu halten?“ WOSE HERE konnte sein Werk auch in französischer und deutscher Sprache den gemischten Klassen der Mittelstufe der Notre Dame de Peltre und der Marienschule in Saarbrücken vorstellen.

Über WOSE HERE

Der bürgerliche Name von WOSE HERE ist Simon Morda-Cotel. Er wurde 1992 geboren und schloss 2016 sein Studium an der Haute École des arts du Rhin (HEAR) ab. Fasziniert von Typografie, Architektur und urbanen Kulturen begann er, seine ersten Pieces und Styles an stillgelegte Industriegebäude zu sprühen. Die Essenz dieser verlassenen Orte inspirierte ihn dazu, sein eigenes Universum aus Linien, Ebenen und Perspektiven zu erschaffen. Seitdem reist er sehr viel und stellt seine Werke in Frankreich und im Ausland aus, darunter in Shanghai, Berlin, Marseille und Barcelona.

Sein Pseudonym greift eine Tradition der Graffiti- und Street-Art-Szene auf, bei der man an Wände „Ich war hier“ schreibt: Er übernimmt den Satz „I was here“ und verkürzt ihn zu: WOSE HERE.

Wose Here

©Wose Here

WOSE HERE ist stark inspiriert von der Arbeit von Georges Rousse, einem französischen bildenden Künstler, Maler, Fotografen und Architekten, der zahlreiche optische Täuschungen und Anamorphosen in verlassenen Gebäuden geschaffen hat. Für seine Abschlussarbeit schuf er seinerseits eine Anamorphose in einer Galerie. Diese Technik wollte Wose Here sowohl für die Gestaltung seines Wandgemäldes La Mécanique Céleste als auch für die Kreativworkshops mit den Schulklassen CM1 und CM2 (9 bis 11 Jahre) einsetzen.

Weitere Informationen zu den Kreationen von WOSE HERE: https://www.instagram.com/wosehere/.

 

 

Entdeckung der Technik der Anamorphose

WOSE HERE hat dieses Wandbild als visuellen Mechanismus konzipiert: Das Bild ist auf mehrere Ebenen verteilt (hier drei Wandabschnitte oder ganze Wände) und wird erst aus einem bestimmten Blickwinkel als ein einziges Bild sichtbar. Das ist das Prinzip der Anamorphose. Diese Technik fordert den Betrachter körperlich, da er sich bewegen und aktiv suchen muss, um den genauen Ort im Raum zu finden, an dem das Bild als Ganzes und einzigartig erscheint.

Weitere Informationen zu dieser Technik finden Sie unter Anamorphose: 10 Künstler, die man kennen muss, mural-studio.fr.

Erleben Sie diesen Moment des Austauschs noch einmal auf Deutsch, durch Klicken auf den Link zum Video.

Das Werk „La Mécanique Céleste“

WOSE HERE hat den Kindern den Titel und den Inhalt seines Werks erläutert. Das Thema des Werks ist eine direkte Anspielung auf den Namen des Festivals „Constellations de Metz“ und bezieht sich auf die kreisförmige Bewegung der Planeten um die Sterne oder auf die Linien, die durch die Ausdehnung des Universums und die Entfernung der Galaxien entstehen. So veranschaulichen die runden und sichelförmigen Formen des Freskos die kreisförmige Bewegung des Mondes um die Erde und die Sonne.

Anschließend erklärte er die einzelnen Schritte und Techniken zur Fertigstellung des Wandgemäldes. Er wurde von einem Kranführer und zwei technischen Assistenten unterstützt, um dieses Werk in etwa 15 Arbeitstagen fertigzustellen.

Für die Fertigstellung des oberen Teils des Wandgemäldes, das eine Höhe von 25 Metern erreicht, musste eine Hebebühne gemietet und von Mittwoch bis Sonntag ein Kranführer hinzugezogen werden. WOSE HERE verwendet Malerkrepp, um die zu streichenden Flächen abzugrenzen, und streicht mit einer Rolle, bevor das Klebeband entfernt wird. Mit dieser Technik lassen sich Farben mit perfekt sauberen und geraden Linien voneinander abgrenzen.

Entdeckung des Berufs der Kuratorin für urbane Kunst mit Myriama Idir

Myriama Idir stellte in 30 Minuten ihre Rolle als künstlerische Leiterin des Festivals Constellations vor und illustrierte diese anhand der Entstehungsgeschichte des Wandgemäldes La Mécanique Céleste.

Die Künstler kennenlernen, ihre Ästhetik, ihre Inspirationsquellen … und sie bei ihrer künstlerischen Entwicklung weiterbringen

Das ist laut Myriama Idir die spannendste Aufgabe einer Kuratorin: Künstler zu treffen und ihre Interessen, ihre Herangehensweise, ihre Denkweise und die Art und Weise, wie sie ihre Arbeit in die Stadt integrieren, zu verstehen.

Wirkstätten finden

Die Kuratorin für urbane Kunst durchstreift die Gegend, beobachtet die Architektur, um Orte zu finden, die sich für ein Kunstwerk eignen könnten. Anschließend lädt sie den bzw. die Künstlerin ein, sich den Ort anzusehen und sich eine Installation für diesen Ort vorzustellen.

Myriama Idir projiziert das Foto der Rue de l’Abreuvoir, wie sie vor Simons Intervention aussah, gesehen von der Rue Haute Seille aus. Sie stellt also die Perspektive vor, die sie ursprünglich interessiert hat, und fordert die Kinder auf, die geometrischen Formen und den Fluchtpunkt in der Landschaft der Rue de l’Abreuvoir aus der Sicht eines Architekten zu betrachten.

Die Kuratorin stützte sich auf die visuelle Analyse dieser Landschaft, um sich eine Art von Werk vorzustellen, das dort realisiert werden könnte, und suchte dann nach einem Künstler, der seine Ästhetik und seine Vision in diesen Ort einbringen würde.

Sie schickte ihm Fotos der gesamten Straße aus verschiedenen Blickwinkeln und die Maße der Wände, die sie ihm vorschlug. Sie achtete darauf, ihm Fotos zu schicken, die zu verschiedenen Tageszeiten aufgenommen wurden, bei Sonnenschein und bei bewölktem Himmel, da die Farbe des Himmels die Wahrnehmung der Farben des Werks beeinflusst.

©Wose Here

In Colmar entdeckte sie ein Werk von WOSE HERE und seine Ästhetik aus Kreisen, Linien und Rechtecken in warmen oder kalten Farbtönen, die seine „künstlerische Handschrift“ ausmachen. Sie kontaktierte ihn über Instagram, um ihn kennenzulernen, den Rest seines Werks zu entdecken und ihm vorzuschlagen, diese monumentale Kreation an diesem Ort in Metz zu realisieren.

Sie schickte ihm Fotos der gesamten Straße aus verschiedenen Blickwinkeln und die Maße der Wände, die sie ihm vorschlug. Sie achtete darauf, ihm Fotos zu schicken, die zu verschiedenen Tageszeiten aufgenommen wurden, bei Sonnenschein und bei bewölktem Himmel, da die Farbe des Himmels die Wahrnehmung der Farben des Werks beeinflusst.

 

 

 

Ein Leitmotiv festlegen: le trompe l’esprit

Der Vorschlag von WOSE HERE stand im Einklang mit dem Thema, das Myriama Idir für ihr Programm für urbane Kunst beim Festival Constellations 2025 gewählt hatte: Trompe l’esprit. Auszug aus der künstlerischen Absichtserklärung von Myriama Idir für die Ausgabe 2025 des Festivals Constellations de Metz:

Der „Trompe-l’esprit“ (Geistestäuschung) beschränkt sich im Gegensatz zum „Trompe-l’oeil“ (Augentäuschung) nicht auf eine optische Täuschung bzw. einen visuellen Effekt. Er fordert eine umfassendere Wahrnehmung des Raumes, indem er mit architektonischen Strukturen, der Nutzung von Orten und den Gewohnheiten der Passanten spielt. Es handelt sich um eine Praxis, die verunsichert, ablenkt und einen Bruch in unserem Verständnis der Realität verursacht.

Ob Anamorphosen, Maßstabsverzerrungen oder visuelle Verzerrungen – jeder künstlerische Beitrag basiert auf einer Dualität zwischen dem, was gezeigt wird, und dem, was wahrgenommen wird, zwischen dem verzerrten Bild und der Perspektive, die ihm Bedeutung verleiht. Diese Werke erfordern eine aktive Beteiligung des Betrachters: sich bewegen, aus einem neuen Blickwinkel betrachten, sich überraschen lassen.

Die Programmgestaltung gliedert sich in drei Hauptbereiche:

1. Die Wahrnehmung als Fragezeichen

Durch die Störung visueller und sensorischer Orientierungspunkte versetzen die Werke die Betrachter in eine Erfahrung, in der sie das Sehen, Lesen und Verstehen des Raumes um sie herum neu erlernen müssen.

2. Die Architektur als Medium der Illusion

Wände, Fassaden, Böden oder Infrastrukturen werden zu formbaren Oberflächen, auf denen Anamorphosen, optische Täuschungen oder perspektivische Effekte vertraute Orte in fiktive Räume verwandeln.

3. Die Stadt als gemeinsamer Spielplatz

Diese Werke verwandeln den öffentlichen Raum in ein spielerisches Experimentierfeld, in dem jede Bewegung, jeder Blickwinkel eine neue Geschichte oder eine andere Dimension offenbart.

Die Beiträge dieses Programms wollen keineswegs mystifizieren, sondern vielmehr den Blick befreien. Indem sie Wahrnehmungen ins Wanken bringen, regen sie zu einer umfassenderen Reflexion über die Stadt, ihre Stadtplanung und die Nutzung des öffentlichen Raums an. Sie erinnern daran, dass die Stadt lebendig und dynamisch ist und durch poetische, kritische oder fantastische Erzählungen wiederentdeckt werden kann.

Mit ihrem reichen architektonischen Erbe, ihren modernistischen Linien und historischen Plätzen ist Metz eine Stadt, in der verschiedene Epochen, Formen und Energien aufeinandertreffen. Sie wird hier zu einer perfekten Bühne für Werke, die den Blick verzerren, mit Blickwinkeln spielen und eine andere Lesart des urbanen Raums entstehen lassen. Diese subtilen und zugleich eindrucksvollen Interventionen sollen den Alltag in ein einzigartiges Sinneserlebnis verwandeln.

Vorentwurf von Wose Here für die Stadt Metz ©Wose Here

Workshops zur Gestaltung von Anamorphosen im Unterricht mit dem Künstler WOSE HERE

Am 12. und 13. Juni kehrte der Künstler WOSE im Anschluss an das Wandbild in der Rue de l’Abreuvoir und den Austausch in den Klassenräumen an die Gaston-Hoffmann-Schule zurück, um zwei Tage lang Workshops mit den Schülern der Klassen CM1 und CM2 (9 bis 11 Jahre) zu veranstalten. Diese kreative Arbeit ermöglichte es den Kindern, ihre Erfahrungen vor dem Wandbild fortzusetzen, diesmal indem sie selbst zu Schöpfern eines Gemeinschaftswerks wurden.

WOSE HERE erstellte zunächst eine Installation aus Kartons unterschiedlicher Größe, um Gebäude zu simulieren. Darüber projizierte WOSE mit einem Videoprojektor eine geometrische Form – am ersten Tag einen blauen Kreis, am zweiten Tag einen orangefarbenen Kreis, der mit konzentrischen Kreisen angereichert war. Anschließend zeichnete er jedes Fragment der Kreise mit Bleistift auf die Kartons und verteilte diese dann an die Kinder, damit sie sie ausmalen konnten.

Unter Anleitung von WOSE HERE und drei Mediatorinnen sowie in Anwesenheit ihrer Lehrerin oder ihres Lehrers entdeckten die Kinder, dass ein Kreis zu einem Kunstwerk werden kann, dass ein Karton bereits ein Kunstmaterial ist und dass Kunst gemeinsam Schritt für Schritt im Geiste des Zuhörens und der Zusammenarbeit entstehen kann.

WOSE HERE hat einige Tipps zusammengestellt: Für ein lebendigeres Ergebnis mehrere Farbschichten auftragen und immer mit den hellsten Farben beginnen, da diese leichter zu überdecken sind.

Nachdem die Kartons nach einem genauen Plan und einer logischen Reihenfolge wieder zusammengesetzt worden waren, erschienen die Kreise wieder als Bild, das nur aus einem bestimmten Blickwinkel zu sehen war, ganz nach dem Prinzip der Anamorphose.